Cucullia (Shargacucullia) lychnitis Rambur, 1833
Später Königskerzen-Mönch / Graubestäubter Wollkraut-Mönchseulenfalter
Synonyme
Cucullia lychnitidis Rambur, 1833
Rechtlicher Schutz und Rote Liste
Artenschutzrechtlicher Schutzstatus § (besonders geschützt)
Anhänge II und IV FFH-Richtlinie –
Rote Liste Deutschland (Wachlin & Bolz 2011) * (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen (Fischer 1995) 1 (vom Aussterben bedroht)
Vorschlag für Aktualisierung Rote Liste Sachsen 1 (vom Aussterben bedroht)
Allgemeine Artinformationen
Kennzeichen
Die Art gehört zu den braunen Mönchseulenfaltern, von denen aktuell noch drei weitere Arten (C. verbasci, C. scrophulariae, C. prenanthis) in Sachsen vorkommen und mit denen der Späte Königskerzenmönch verwechselt werden kann. Dasselbe trifft auch teilweise für die Raupen zu.
Verwechslungsgefahr (mit in Sachsen vorkommenden Arten)
An dieser Stelle soll auf die Ausführungen zur Königskerzen-Mönchseule (Cucullia verbasci) verwiesen werden (Fischer 2016).
Die Bestimmung der Falter ist immer unsicher, besonders bei geflogenen Tieren und erfordert eine sehr gute Kenntnis dieser Arten. Im Zweifelsfalle bringt nur eine genitalmorphologische Untersuchung Sicherheit.
Lebensweise
Die Art ist überwiegend xerophil und ein Bewohner offener Landschaften, vor allem wohl auf sandigem Boden. Die Falter fliegen im Frühsommer, werden aber nur selten beobachtet. Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv und kommen nur gelegentlich an das Licht.
Der Hauptanteil der Nachweise erfolgt als Raupe, diese sind markant und leicht zu finden. Die Eiablage erfolgt in die Blütenstände von Königskerzen (Verbascum spp.) mit einer gewissen Präferenz zur Mehligen Königskerze (Verbascum lychnitis). Die Raupenentwicklung verläuft relativ schnell, meist innerhalb von 4-5 Wochen. Die Verpuppung erfolgt in einem recht festen Kokon in Bodennähe. Viele Raupen sind, wie bei anderen Cucullia spp. auch, parasitiert und sterben im Kokon ab, noch bevor sie die letzte Raupenhaut abgestreift haben. Zu den parasitierenden Arten gibt es Untersuchungen von H. Schnee (Leipzig), die Ergebnisse lagen aber bis Redaktionsschluss leider nicht vor.
Einzelne Puppen können mehrere Jahre überliegen.
Nahrung
Raupennahrung sind Königskerzen (Verbascum spp.). Konkrete Angaben für Sachsen gibt es in der überwiegenden Anzahl von Verbascum lychnitis, weniger V. nigrum und sehr selten von V. densiflorum. Die Raupen fressen an den Blüten, oft zu mehreren und sind hier sehr auffällig und gut zu beobachten.
Die Falter suchen vermutlich Blüten zur Nektaraufnahme auf. Ob es diesbezüglich Präferenzen gibt, ist nicht bekannt, da Beobachtungen hierzu fehlen.
Überregionale Verbreitung
Holo-Ponto-Mediterran (Eurasiatisch). In Europa ähnlich verbasci von der Iberischen Halbinsel (außer Portugal und der westlichen und nordwestlichen Teile Spaniens) über Italien (inkl. Inseln), West- und Mitteleuropa bis zum südlichen Ural vorkommend. Die nördliche Verbreitungsgrenze verläuft vom Südosten Großbritanniens über das südliche Dänemark über Südschweden bis zur baltischen Region, in Südfinnland punktuell (hier Irrgast?). Außerhalb Europas in östlichen Teilen Nordafrikas über den Mittleren Osten bis in den Iran (hier ssp. albicans) (Ronkay & Ronkay 1994).
In Deutschland ist die Art in allen Bundesländern nachgewiesen, wird aber aktuell in einigen Bundesländern nicht gemeldet (z.B. Thüringen, Hessen, Niedersachsen).
Erhaltungszustand
SN: ungünstig-schlecht (gutachterliche Bewertung)
Verantwortlichkeit (SN)
Allgemeine Verantwortlichkeit
Vorkommen
Status Etablierung in SN
indigen
Langfristiger Bestandstrend (SN)
annähernd gleichbleibend auf sehr niedrigem Niveau
Kurzfristiger Bestandstrend (Sachsen)
mäßige Abnahme
Bestand
Datensätze zurzeit in DB der Entomofaunistischen Gesellschaft Sachsen: 58 (1991-2015)
12 von 137 Messtischblättern (9%) sind seit 2000 mit Fundpunkten belegt. Seit 1991 gab es offenbar eine kontinuierliche Besiedlung in Sachsen, wenn auch nur punktuell mit jahrweisen Erfassungslücken. Seit 2007 hat jedoch die Erfassungshäufigkeit enorm nachgelassen (2008-2010 wurden keine Nachweise bekannt, ebenso 2012 und 2014). 2015 wurde 1 Fund gemeldet.
Etwa 23 Fundpunkte sind zurzeit in der Datenbank dokumentiert mit einer Häufung in der nördlichen Oberlausitz (Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet).
Bestandsentwicklung / aktuelle Verbreitung
Der Späte Königskerzen-Mönch ist in Sachsen nie häufig gewesen und nur von wenigen Stellen bekannt geworden. Möbius (1905) gibt nur 3 Fundorte an: Roßwein, Königshain (Mittelsachsen) und Plauenscher Grund bei Dresden. Bei Plauen/Vogtl. gab es einen isolierten Fundort (Bergmann, 1954). Eine Häufung von Funden zwischen Rochlitz und Bautzen wird in Heinicke & Naumann (1980-1982) erwähnt, dabei dürfte es sich jedoch im Wesentlichen um einen Zeitraum für die erste Hälfte dieses Jahrhunderts handeln. Nach Sbieschne et al. (2012) lassen sich solche Funde, die Oberlausitz betreffend, jedoch nicht belegen. Nach dieser Quelle wurde die Oberlausitz erst 1991 erreicht nachdem ab etwa 1980 aus Richtung Brandenburg eine südwärts gerichtete Ausbreitung einsetzte. Im Zeitraum 1998-2005 gab es reichlich Raupenfunde in der Ebene und dem Hügelland der Oberlausitz. Seit 2006 befindet sich die Art hier allerdings wieder auf dem Rückzug (Stöckel in litt. 2016), nach 2013 sind keine Nachweise in der Oberlausitz mehr bekannt geworden.
Außerhalb der Oberlausitz gibt es Nachweise in der Gohrischheide (leg. Jacobasch – 1995 und 2005), bei Eilenburg (leg. Schnee – 2013) sowie an der Elbe bei Radebeul (leg. Bauer – 2006; Quelle: www.lepiforum.de). Das bedeutet eine Verschiebung der sächsischen Verbreitung in westliche Richtung, ohne jedoch von einer Expansion sprechen zu wollen, da sich Sachsen innerhalb des europäischen Areals befindet. Derzeit ist kein stabiles Fundgebiet bekannt. Die Art muss in Sachsen als extrem selten bezeichnet werden (seit 2010 vier Funde an vier verschiedenen Orten).
Die aktuellen Funde liegen in den Naturräumen Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet, Düben-Dahlener Heide, Dresdner Elbtalweitung und Riesa-Torgauer Elbtal.
Phänologie
Falterflugzeit (2 DS mit Datumsangabe) 24.6. und 24.7.
Raupe (54 DS mit Datumsangabe) Ende Juni (28.6.) bis Anfang September (5.9.)
Erläuterung Phänologie
Die Puppen überwintern. Der Falterschlupf beginnt etwa Mitte Juni. Die Flugzeit zieht sich bis Ende Juli hin. Die Falteraktivitätsperiode beträgt nach derzeitigen Beobachtungen etwa 4-5 Wochen, wobei Einzelindividuen wohl nicht länger als 2 Wochen leben. Die ersten Eier werden wohl zu Beginn 2. Dekade Juni gelegt. Frühester Raupenfund am 28.6. (leg. Sbieschne), spätester Fund am 5.9. durch Trampenau. Die Raupenentwicklungszeit dauert etwa 4-6 Wochen.
Die Raupen von C. lychnitis sind phänologisch etwa 5-6 Wochen später zu finden, als die von C. verbasci, wodurch eine gute Artansprache der Raupen möglich ist.
Lebensraum/Habitat
Lebensräume sind Trockenrasen, trockenwarme Ruderalfluren, Bahndämme, Halden, Abbaugebiete, kiesige und steinige Flussufer, an sonnigen und trockenen Stellen bevorzugt auf sandigem Boden mit Vorkommen von Königskerzen-Arten. Hierzu gehören Xero- und basiphytische Saumgesellschaften (Ordnung Origanetalia vulgaris), Xerophytische ruderale Distelgesellschaften (Ordnung Onopordetalia acanthii) (Taxonomie der Vegetation nach Böhnert et al. 2001). Diese Charakterisierung trifft im Wesentlichen für das Eiablage und Raupenhabitat zu. Aber auch die Bindung der Falter an diese Habitate scheint relativ stark zu sein.
Höhenstufen
planar
Die Art besiedelt in Sachsen die planare bis untere colline Stufe, vor allem im Bereich zwischen 100 m und 200 m ü.NN.
Gefährdungen
Akute Gefährdung wäre potenziell die Vernichtung der für Königskerzen besiedelbaren Standorte durch Aufforstung und Bebauung. Auch die allgemeine Eutrophierung der Landschaft, Flächenaufforstungen und zunehmende Verbuschung durch fehlende Nutzung/Pflege dürfte eine nicht unwesentliche Rolle bei der Beeinträchtigung oder Ausdünnung geeigneter Habitate spielen.
Möglicherweise wirkt sich die Tagebauflutung in der Oberlausitz negativ aus. Darüber kann gegenwärtig aber nur spekuliert werden.
Literatur
Bergmann, A. (1954): Die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands, Band 4.1. und 4.2. – Urania-Verlag Jena.
Böhnert, W., Gutte, P. & Schmidt, P.A. (2001): Verzeichnis und Rote Liste der Pflanzengesellschaften Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2001; Hrsg. Freistaat Sachsen, Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie.
Fischer, U. (1995): Rote Liste Eulenfalter-Stand 1995. – Materialien zu Naturschutz u. Landschaftspflege 8, Hrsg.: Sächsisches Landesamt f. Umwelt und Geologie.
Fischer, U. (2016): Zur Kenntnis der Eulenfalter (Lepidoptera: Noctuidae) des Freistaates Sachsen hinsichtlich aktueller Verbreitung, Bestandsentwicklung und Biologie: Cucullia verbasci (Königskerzen-Mönchseulenfalter und Cucullia scrophulariae (Braunwurz-Mönchseulenfalter). – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 35 (116): 60-70.
Heinicke, W. & Naumann, C. (1980-1982): Beiträge zur Insektenfauna der DDR: Lepidoptera- Noctuidae. – Beiträge zur Entomologie 30 (1980): 385-448, 32 (1982): 39-188.
Möbius, E. (1905): Die Großschmetterlinge des Königreiches Sachsen. – Deutsche Entomologische Zeitschrift Iris 17: I–XXI, 1-235.
Ronkay, G. & Ronkay, L. (1994): Noctuidae Europaeae, Cuculliinae I, Volume 6. – Entomological Press, Sorø.
Sbieschne, H., D. Stöckel, T. Sobczyk, S. Wauer, M. Trampenau & H. Jornitz (2012): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 2: Die Eulenfalter (Noctuidae). In: Klausnitzer, B. & R. Reinhardt (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 13. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 14, Dresden.
Wachlin, V. & Bolz, R. (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Eulenfalter, Trägspinner und Graueulchen (Lepidoptera: Noctuoidea) Deutschlands, Stand: Dezember 2007, geringfügig ergänzt Dezember 2010. – In: M. Binot-Hafke, S. Balzer, N. Becker, H. Gruttke, H. Haupt, N. Hofbauer, G. Ludwig, G. Matzke-Hajek & M. Strauch: Rote Liste gefährdete Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1).- Naturschutz und Biologische Vielfalt (Bonn-Bad Godesberg 70 (3): 197-239.
Bearbeiter: Uwe Fischer (Colditz); Stand: 04.05.2016